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27.08.14

Ein Mannschaftswettbewerb über die Dauer von einer Woche ? Kommt einem irgendwie bekannt vor.  Bis 1994 veranstaltete die ITF den Federation Cup, den Vorläufer des heutigen Fed Cups für 32 Teams aus 32 Ländern, bei dem am Ende der Woche eine Mannschaft als Sieger hervor ging. In einem heute in der New York Times erschienenen Artikel greift WTA-Chefin Stacey Allaster das Thema wieder auf.

Ihr zufolge könnte es ab 2017 einen solchen Wettbewerb wieder geben, jedoch nicht wie im Federation Cup mit 16, sondern nur mit acht Teilnehmerländern, bei dem das Land des Veranstalters eine Wildcard bekäme. Teilnahmeberechtigt wären zudem die sieben Länder, die am Saisonende die höchstplatzierten Spielerinnen in der Weltrangliste stellen. Kommen also beispielsweise die Top 7 aus sieben unterschiedlichen Ländern, wären diese sieben Länder qualifiziert.

Die acht Teams würden, wenn es nach dem Wille Allasters geht, aus den jeweils drei höchstplatzierten Spielerinnen des Landes bestehen, wobei jedoch nur zwei zum Einsatz kämen und die Nummer 3 faktisch als "Ersatzfrau" diene.

Auf die Idee des Team-Events sei man gekommen, nachdem Sponsoren, TV-Anstalten und interessierte Veranstaltungsorte ihr Interesse an solch einem Modus bekundet hatten, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass auch wirklich die Weltspitze an den Start gehen würde.

Nimmt man einmal die aktuelle Weltrangliste zur Hand, ergäbe sich daraus folgendes Starterfeld (ausgehend davon, dass eines der Top 8-Länder auch Austragungsort ist):
 

Land Spieler 1 Spieler 2 Ersatz
USA Serena Williams Venus Williams Sloane Stephens
Rumänien Simona Halep Irina-Camelia Begu Monica Niculescu
China Na Li Shuai Zhang Shuai Peng
Tschechische Republik Petra Kvitová Lucie Safarova Barbora Zahlavova Strycova
Polen Agnieszka Radwanska Katarzyna Piter Magda Linette
Russland Maria Sharapova Ekaterina Makarova Svetlana Kuznetsova
Deutschland Angelique Kerber Andrea Petkovic Sabine Lisicki
Kanada Eugenie Bouchard Aleksandra Wozniak Sharon Fichman

Hier zeigt sich schon das erste Problem, sollte man diese Idee wie angedacht in die Tat umsetzen. Am Beispiel Polen sieht man, wie eine Mannschaft aussehen könnte, deren Topspielerin die einzige aus den Top 100 ist. Ob man dies wirklich bei der Planung bedacht hat, sei dahingestellt. Ebenso fehlen hier, wenn man schon die Weltspitze in einem Wettbewerb vereint haben möchte, Spielerinnen wie Ana Ivanovic, Jelena Jankovic oder Caroline Wozniacki, die ohne Frage eher dorthin gehören als Magda Linette oder Sharon Fichman, ohne den beiden Damen nun zu nahe treten zu wollen.

Wenn ich einen attraktiven Wettbewerb mit Weltklassespielerinnen möchte, warum stocke ich dann nicht einfach die WTA Finals von acht auf 16 Teilnehmerinnen in vier Gruppen auf ? Der Fünfjahresvertrag mit Singapur wäre die Chance gewesen, auch das Format noch attraktiver zu gestalten. Stattdessen werden Dinge ins Leben gerufen wie "Legends Event" und "Rising Stars Event", die bei einer Veranstaltung, in der sich die Weltspitze des Tennissports präsentieren soll, schlichtweg nichts verloren haben.

 Der Verweis von Allaster auf die "no-ad"-Regel bei diesem Teamwettbewerb ist schon ein Fingerzeig darauf, wohin die Reise gehen soll. Matches sollen kurz gehalten werden, um besser vermarktbar zu sein, notfalls auch zum Leidwesen der Fans des "eigentlichen" Tennissports. Die WTA schlägt hier ganz klar einen Weg ein, der in dieselbe Richtung geht wie World Team Tennis oder die neue geschaffene Gelddruckmaschine IPTL, die in diesem Jahr Premiere feiert und deren sportlicher Wert eher als gering einzuschätzen ist. Jedoch scheint es auch die Antwort auf genau solche Entwicklungen zu sein.

Jahrelang lamentierten die Profis unter der zu langen Saison, die es ihnen nur schwer möglich mache, verletzungsfrei und auf Top-Niveau durchzuspielen. 2009 schien die WTA ihre Alphatiere erhört zu haben und verlängerte die Off season auf acht bis zehn Wochen und garantierte dadurch eine kürzere Saison sowie eine längere Erholungsphase. Zudem wurde beschlossen, zwischen Wimbledon und dem Start der US Hardcourt Series keine Premier-Events anzusetzen, um somit eine Art "Sommerpause" zu ermöglichen.

Genau dieses Entgegenkommen machten sich in der Folge einige zunutze und versuchten in der ihnen nun verfügbaren Freizeit, sich anderweitig die Taschen zu füllen. Die "International Premier Tennis League", bei der die Creme de la Creme des Tennissports sich die Klinke in die Hand gibt, dürfte der ganzen Entwicklung nun die Krone aufgesetzt haben. Denn anstatt sich zu erholen, wird eben außerhalb der Tour seinem Job nachgegangen. Zuerst nur bei Schaukämpfen, nun schon bei einer professionell organisierten Liga, selbstverständlich mit fürstlicher Entlohnung.

Der Vorstoß, eine weitere separate Veranstaltung ins Leben zu rufen, wirkt so als wolle man von den Problemen des Kerngeschäfts ablenken. Die WTA-Tour weist so viele Baustellen auf, dass es sinnvoller wäre, sich zunächst um diese zu kümmern als eine weitere anderswo aufzumachen.

So fehlt es beispielsweise insbesondere bei den US-Turnieren an adäquater TV-Präsenz. Aus New Haven letzte Woche wurden ganze acht Begegnungen live ausgestrahlt und das, obwohl es sich hierbei um ein Premier-Event handelt. Von einem der größten WTA-Turniere in Miami mit einem Starterfeld von 96 Damen gibt es in den ganzen zehn Turniertagen lediglich zwanzig Matches, also zwei pro Tag im Schnitt, zu sehen. Hier könnte Allaster mal ansetzen, damit eines ihrer wichtigsten Turniere auch medial die notwendige Aufmerksamkeit erhält.

Auch der Umzug der WTA Finals von Istanbul nach Singapur bringt ein weiteres Problem zutage. Die Hallenturniere von Linz und Luxembourg, die bei vielen Spielerinnen sehr beliebt sind, leiden nun darunter, dass sie genau zwischen der Asien-Tour und dem WTA-Finale, zu dem ja die Top 10 der Welt anreisen, stattfinden. Auch das Premier-Turnier von Moskau direkt in der Woche vor Singapur dürfte eines der am schlechtesten besetzten der ganzen Saison werden. Welche Top-Spielerin nimmt schon die Strapazen auf sich, von Asien nach Europa zu fliegen, um dort ein Turnier zu spielen, nur um danach erneut nach Fernost zurückzukehren ? Zwar hat Eugenie Bouchard für das Turnier in Linz gemeldet, ihre Zusage dürfte jedoch zu einer Zeit gekommen sein, als noch nicht abzusehen war, dass sie sich eventuell für die WTA Finals qualifizieren könne.

Das Kerngeschäft der WTA ist nunmal die WTA-Tour und solange diese nicht perfektioniert ist, sollte man keine weiteren Anstrengungen unternehmen, was zusätzliche Wettbewerbe in welcher Form auch immer angeht. Man könnte sich ja zumindest einmal damit beschäftigen, den Kalender so zu modifizieren, dass es nach der US-Tour gerade für die Hallenturniere im Europa noch 2-3 Wochen Platz gäbe und erst danach Richtung Asien aufzubrechen anstatt den Kalender bereits ab September wild mit Turnieren in China zu bestücken und auf der anderen Seite Linz, Luxembourg und Moskau isoliert von allen anderen Turnierorten stehen zu lassen.

Nur spielt dort eben keine Serena Williams und auch keine Na Li. Manchmal wird man das Gefühl nicht los, als diene der Fußball als Vorbild für die WTA. Auch dort steht schon lange nicht mehr der Sport an sich im Vordergrund, sondern nur noch das Bestreben, aus einer Sportart finanziell so viel wie möglich herauszuholen ohne Rücksicht auf die (sinkende) Qualität der dargebotenen Leistungen. Die Fußball-Europameisterschaft 2016 mit erstmals 24 Mannschaften dürfte hier als bestes Beispiel dienen. Am Ende regiert eben doch Geld die Welt und nicht der Fußball.