Mona Barthel: Die Rückkehr der Hoffnungsträgerin

23.07.14

Da war sie also wieder. Wie aus heiterem Himmel pflügte das einstmals größte deutsche Nachwuchstalent bei den Collector Swedish Open durchs Feld und belohnte sich mit dem dritten Turniererfolg ihrer Karriere und dem ersten seit einer gefühlten Ewigkeit. Eine weitere Besonderheit von Mona Barthels Triumph in Bastad war zudem der Belag. Keiner hatte der Königin der schnellen Hartplätze zugetraut, ausgerechnet auf Sand ihre Wiederauferstehung zu feiern.

Alleine schon Barthels Turnierplanung sorgte vor Wochen für Kopfschütteln. Als einzige Spielerin, die sowohl in Baku als auch in der Woche zuvor ein Turnier gemeldet hatte, entschied sie sich nicht für die strategisch günstigere Variante mit dem beiden Hartplatzturnieren von Istanbul und Baku, sondern entschied sich dafür, in der ersten Woche auf Sand zu spielen und erst danach auf Hartplatz umzusteigen.

Am Ende hat sie alles richtig gemacht. Dass sie in dieser Woche auf den Start in Aserbaidschan verzichtet hat, erklärte sich schon bei ihrem Siegerinterview, als sie darauf hingewiesen hat, dass sie einen eventuellen dritten Satz im Finale womöglich nicht mehr hätte körperlich durchstehen können. Dass sie nun erst wieder in Cincinnati zum Schläger greift, sei ihr nach diesem Überraschungserfolg auch mehr als gegönnt.

Dabei sah es vor Turnierbeginn alles andere als danach aus, als sollte Barthel in Bastad triumphieren können. Das Feld trotz der Absage von Serena Williams mit Spitzenspielerinnen wie Alizé Cornet und Anastasia Pavlyuchenkova bestens besetzt, zudem fehlte der 24jährigen selbst in letzter Zeit ein richtiges Erfolgserlebnis. In Bad Gastein musste sie sich gleich zu Beginn der Tschechin Karolina Pliskova geschlagen geben, in Wimbledon durfte ausgerechnet sie das zweite Opfer der späteren souveränen Titelträgerin Petra Kvitova spielen und an die bittere Drittrundenniederlage in Roland Garros nach 5:3-Führung in Satz 3 gegen Pauline Parmentier mag man am besten gar nicht mehr zurückdenken.

Der lange Leidensweg von Deutschlands großer Hoffnungsträgerin geht zurück bis zum April des vergangenen Jahres. Damals hatte ihr Barbara Rittner im Aufstiegsduell gegen Serbien das Vertrauen geschenkt trotz zweier bitterer Niederlagen zuvor in Miami gegen Magdalena Rybarikova und in Charleston gegen Jessica Pegula. Dennoch wurde die Teamchefin von ihrem Schützling nicht enttäuscht. in der so wichtigen Partie gegen Bojana Jovanovski beim Stande von 1:2 behielt Barthel die Nerven auch bei 3:3 und 0:40 im dritten Satz bei eigenem Aufschlag und sorgte für den überlebensnotwendigen Ausgleich. Der deutsche Erfolg im Doppel gegen Krunic und Dolonc, der den 3:2-Sieg bescherte, war dann nur noch Formsache.

Mona Barthel wurde daraufhin völlig zurecht als die heimliche Heldin des Aufstiegs in den Medien gefeiert. Dass sie gegen Ana Ivanovic verlor, damit musste man rechnen, selbiges widerfuhr einen Tag später auch Angelique Kerber. Wichtig war es zu diesem Zeitpunkt, dass beide Partien gegen Serbiens Nummer 2 gewonnen würden und diese Aufgabe hat Barthel, wenn auch nicht unbedingt mit Bravour, gelöst.

Seit diesem emotionalen Erlebnis gab es für die Neumünsteranerin nur noch einmal Grund zum Jubeln. Als direkt im Anschluss an die Fed Cup-Partie der Porsche Tennis Grand Prix über die Bühne ging, schickte Robert Orlik seine beiden damaligen Schäfchen Sabine Lisicki und Mona Barthel gemeinsam im Doppel auf Titeljagd. Das Resultat ist bekannt. Runde um Runde schienen die beiden besser zu harmonieren und ließen sich auch im Finale von den weitaus erfahreneren Doppelspielerinnen Bethanie Mattek-Sands und Sania Mirza nicht stoppen. Dies ist bis heute Barthels einziger WTA-Titel im Doppel und zudem der erste rein deutsche Triumph seit Steffi Graf und Bettina Bunge in Tokio 1986.

Doch die Karriere von Mona Barthel kannte ab diesem Moment nur noch eine Richtung: steil bergab. In Madrid war gleich Kirsten Flipkens in Runde 1 Endstation, dazu kam mit Angelique Kerber als Erstrundengegnerin in Roland Garros auch noch Lospech hinzu. Dabei dominierte Barthel hier einen Satz lang das Geschehen so dermaßen, dass ihre Gegnerin danach im Interview sagte "ich weiß bis jetzt noch nicht, wie ich überhaupt den ersten Satz gewonnen habe". Am Ende gewann sie auch den zweiten und Barthel war raus.

Auch danach sollten sich keine großen Erfolgserlebnisse einstellen. Frühe Niederlagen gegen Garbine Muguruza in s'Hertogenbosch sowie gegen Madison Keys in Birmingham und Wimbledon sorgten dafür, dass die Rasensaison der Deutschen gerade mal fünf Matches lang war. In Bad Gastein, dem bislang einzigen Turnier, bei dem Barthel als an 1 gesetzte Spielerin an den Start ging, musste sie in ihrer zweiten Begegnung gegen Lisa-Maria Moser beim Stande von 2:6 und 3:4 aufgeben.

Ein erstes - und leider auch wieder letztes - Ausrufezeichen gab es von Barthel beim Turnier in Cincinnati, als sowohl Lucie Safarova als auch Maria Kirilenko in zwei Sätzen das Nachsehen hatten. Im Achtelfinale ging es für Barthel dann gegen Serena Williams. Dass sie dieses Match nicht würde gewinnen können, war von Beginn an klar. Positiv überraschend war allerdings der Verlauf des ersten Satzes, als die Deutsche lange mit dem Branchenprimus mithalten konnte, ehe Williams doch mit 6:4 die Oberhand behielt.

Den letzten Erfolg in der vergangenen Saison feierte Barthel in Flushing Meadows mit dem Auftakterfolg über Johanna Larsson. In der Folge hagelte es bis zum Saisonende hintereinander Niederlagen gegen Alison Riske, Venus Williams, Lauren Davis, Elina Svitolina und Stefanie Vögele. Nur dank ihres starken Saisonauftakts konnte sich Barthel auf Platz 34 der Weltrangliste halten.

Auch 2014 wollte der Knoten lange Zeit nicht so richtig platzen. Bei ihrem Lieblingsturnier in Hobart musste Barthel bereits in Runde 2 gegen Monica Niculescu die Segel streichen und auch die Titelverteidigung in Paris war nach der ersten Runde gegen Kirsten Flipkens bereits gescheitert. Bis auf Platz 85 sollte die Neumünsteranerin danach in der Weltrangliste fallen, ehe die damals noch 23jährige die Alarmglocken zu hören schien.

Im April dieses Jahres schloss sie sich dem Trainer-Team der Schüttler-Waske-Akademie um Daniel Puttkammer und Sönke Capell an und prompt war ein leichter Aufwärtstrend erkennbar. In Stuttgart hatte sie Jelena Jankovic am Rande der Niederlage und in Nürnberg durfte man neben dem Namen Mona Barthel nach 15 Monaten erstmals wieder das Wort "Viertelfinale" lesen. Auch von ihrem ersten Grand Slam-Achtelfinale war sie im Mai bekanntlicherweise nicht weit entfernt.

So ist der Triumph von Bastad nichts anderes als die logische Konsequenz eines notwendig gewordenen Umdenkens einer Spielerin, deren Ergebnisse nicht mehr den eigenen Anforderungen entsprachen. Viele hatten Mona Barthel eine große Zukunft im Tenniszirkus vorausgesagt und wurden auch 2012 in Hobart und 2013 in Paris bestätigt. Doch die familiäre Wohlfühloase, in der sie sich lange Zeit bewegte, konnte den gestiegenen Ansprüchen einer Spielerin mit Top 20-, wenn nicht gar Top 10-Potenzial auf Dauer nicht mehr gerecht werden.

Aus welchen Gründen die ersten Gehversuche mit der Robert-Orlik-Akademie im Vorjahr letztlich scheiterten, ist bis zum heutigen Tag ein Geheimnis geblieben. Mit Capell und Puttkammer scheint die Chemie jedenfalls zu stimmen. Selten sah man bei Mona Barthel eine solch positive Körpersprache wie während der vergangenen Woche in Bastad, nicht einmal bei ihrem bislang größten Triumph im Stade Coubertin. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Zusammenarbeit nun von längerer Dauer sein wird. Denn das "Biest" (O-Ton Capell) scheint nicht nur sympathisch zu sein, sondern auch äußerst erfolgreich.