Interview mit Nachwuchstalent Lena Lutzeier

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Interview mit Nachwuchstalent Lena Lutzeier

Die 17 Jahre alte Lena Lutzeier im Gespräch mit Catrin Schreiner bei f1rstlife.de

http://www.f1rstlife.de/news/details/artikel/kaempfe_wenn_es_sich_lohnt_...

Wie bist Du zum Tennissport gekommen?
Das war eher beiläufig. Meine Eltern sind zwar sportbegeistert, haben aber nie selbst Tennis gespielt. Mit 4 Jahren habe ich an einem Schnupperkurs teilgenommen und das so gut gemacht, dass die Verantwortlichen des damaligen Vereins auf mich aufmerksam wurden. Nach Stationen beim SSV Ulm und dem Württembergischen Tennisverband spiele ich mittlerweile in der 1. Damenmannschaft von THC Stadion Rot-Weiß Köln in der Regionalliga.

Seit August 2011 trainierst Du in der Akademie von Marc-Kevin Goellner in Köln. Welche Vorteile bietet Dir der neue Standort?
Das Team kümmert sich sehr um mich, auf und neben dem Tennisplatz. Die Akademie ist wie eine zweite Familie, die immer für mich da ist und mir das Gefühl gibt, hier richtig zu sein. Alles ist sehr professionell aufgebaut und Marc-Kevin Goellner bringt als ehemaliger Profispieler und langjähriger Trainer eine Menge Erfahrung mit.

Wie ist der Kontakt zwischen Dir und der Akademie entstanden?
In meiner Heimat Ulm war es mir nicht mehr möglich, Tennis und Schule zu verbinden, so dass mich meine Eltern vor die Wahl gestellt haben: Wenn du hier bleibst, musst du das Training zurückstellen. Das wollte ich aber nicht. Deshalb hat mein Vater im Internet nach einer passenden Tennis-Akademie gesucht und ist auf die von Marc-Kevin Goellner gestoßen. Den fand ich schon als kleines Kind toll und nach dem ersten guten Eindruck in Köln gab es kein Zurück mehr.

Wie war das für Dich schon mit 16 Jahren ins Sportinternat Köln zu ziehen?
Anfangs ist es mir sehr schwer gefallen. Die ersten drei Monate bin ich jedes Wochenende mit dem Zug jeweils bis zu fünf Stunden hin und zurück gefahren, um meine Familie zu sehen. Aber inzwischen finde ich es richtig schön in meiner neuen Heimat. Ich habe schon viele Freundschaften geschlossen und nette Leute kennengelernt. Die Mentalität der Kölner gefällt mir, sie sind viel offener als wir Schwaben. Auch im Sportinternat wurde ich gut aufgenommen. Die Betreuer sind sehr hilfsbereit und die Mitbewohner freundlich. Ich habe das Gefühl, dass ich angekommen bin!

Wie sieht ein Tag im Leben eines angehenden Tennisprofis aus?
Ich bin durchschnittlich vier bis fünf Stunden am Tag mit meinem Sport beschäftigt. Davon spiele ich drei Stunden Tennis und die anderen zwei verbringe ich mit Joggen, Kraft-, Sprint- oder Stabilisationstraining. Mein Tag beginnt fast immer so zwischen 9 oder 10 Uhr (an besonders anstrengenden Trainingstagen auch mal um 7.30 Uhr!) auf dem Tennisplatz, mittags dann eine kurze Pause zum Krafttanken und danach die zweite Einheit Tennis. Darauf folgt dann noch das oben genannte Konditionstraining. Wenn ich dann gegen Abend nach fast einstündiger Bus- und Bahnfahrt im Internat ankomme, würde ich mich am liebsten immer gleich aufs Ohr hauen, aber das geht nicht. Denn dann wartet die Schule auf mich. Ich versuche jeden Tag mindestens zwei Stunden für die Schule zu arbeiten. Das ist nicht immer einfach, aber größtenteils klappt das schon.

Du trainierst sehr viel, um Deinen Traum zu erreichen. Wie viel Verständnis haben deine Eltern und Freunde für den großen Aufwand?
Es ist sehr schwer für mich, Tennis und Freizeit zu verbinden. In Köln habe ich ein Umfeld, das vornehmlich aus Leistungssportlern besteht, daher ist das Verständnis größer. Sie unterstützen mich sogar, indem sie mit zu meinen Spielen kommen und mir zugucken. In Ulm war das anders: Wenn ich wegen meinem Training nicht zu einer Geburtstagsfeier kommen konnte, haben die meisten nur den Kopf geschüttelt und mir unterstellt, dass sie mir nicht wichtig genug seien. Leider sind schon viele Freundschaften daran zerbrochen, vor allem die aus Ulm, aber die wichtigsten Freunde bleiben erhalten. Meine Eltern standen aber schon immer hinter mir, sowohl was das finanzielle angeht als auch die Unterstützung insgesamt.

Wie kommst Du bei dem vielen Training noch in der Schule mit?
In Köln habe ich immer Leute um mich herum, die mir helfen – vor allem im Sportinternat. Wir haben Tag- und Nachtbetreuer, die mich bei den Schulaufgaben unterstützen und mit mir für die Klausuren lernen. Wenn es Probleme gibt, steht sofort ein Nachhilfelehrer zur Verfügung. Auf meiner alten Schulen nahmen die Lehrer mein „Hobby“ nicht ernst. Im Gegenteil: Trotz des vielen Trainings und der Turniere wurde mir nicht in dieser Form geholfen und ich musste nach einem anstrengenden Wochenende oft das gleiche Pensum wie die anderen Schüler absolvieren.

Viele junge Leute, die auf dem Weg zur Profikarriere sind, vernachlässigen die Schule oder brechen sie ab. Wie wichtig sind Dir Schule und Abschluss?
Mir ist das sehr wichtig. Meine Eltern meinten zwar, ich könne die Schule nach der 10. Klasse auf dem Gymnasium zurückstellen, aber das wollte ich nicht. Daher habe ich mich für beides entschieden, auch wenn es neben dem Tennis keinen Plan B gibt, aber ich bin sehr ehrgeizig.

Wenn Du so ehrgeizig bist, wie gehst Du dann mit Rückschlägen um?
Mittlerweile ist es besser geworden. Am Anfang habe ich mich sehr schwer getan, Niederlagen zu akzeptieren. In der Akademie habe ich gelernt, damit umzugehen, Rückschläge positiv zu verarbeiten und Verbesserungsmöglichkeiten daraus zu ziehen. Außerdem bin ich insgesamt ein positiv denkender Mensch.

Wer ist Dein Vorbild?
Maria Sharapova, die Nummer eins der Welt, aus Russland. Sie ist eine Tennisspielerin, die nie aufgibt. Auch wenn sie vermeintlich aussichtslos zurückliegt oder verletzt ist, spielt sie sich immer wieder nach vorne. Dabei zeigt sie ihre Emotionen nicht – sie ist immer voll konzentriert und kämpft bis zum letzten Punkt.

Was sind Deine Stärken, wodurch Du Dich von der Konkurrenz abhebst?
Ich bin mental sehr stark. Ich arbeite ständig an mir, vor allem an meinem Aufschlag, in dem viel Potential steckt. Ich habe mein Ziel, unter die Top 10 der Welt zu kommen, immer fest im Blick. Ich konzentriere mich aufs Wesentliche. Dabei hilft mir eine Weisheit, die ich von meinen Eltern übernommen habe: „Kämpfe, wenn es sich lohnt. Kämpfe für Sachen, die du beeinflussen und steuern kannst und mach das Beste aus Tatsachen, die du nicht ändern kannst.“

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Schönes Interview mit Lena Lutzeier, die hohe Ziele hat. Ich frage mich allerdings manchmal, ob es wirklich gut ist, wenn eine 17jährige täglich vier bis fünf Stunden Sport betreibt? Vermutlich muss man das, um Erfolg zu haben. Lustig finde ich, dass ihr Vorbild Maria Sharapova ist, also nicht etwa eine Deutsche. Aber das ist wenigstens ehrlich. Ich wünsche Ihr auf jeden Fall viel Erfolg dabei. Wir haben schon gute Spielerinnen im Nachwuchsbereich, gar keine Frage. Im internationalen Vergleich, muss sich Deutschland nicht verstecken.

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Ich habe dieses Interview von 2012 mal rausgekramt, weil ich heute Lena Lutzeier in Aschaffenburg getroffen habe. Sie hat jetzt fünf Jahre US-College-Tennis hinter sich und da erwarte ich in den nächsten 1-2 Jahren den Sprung Richtung Top 200. Collins ist ein positives Beispiel dafür, dass man es damit weit bringen kann. Aus deutscher Sicht haben wir da Stephanie Wagner, die auch diesen Weg gewählt hat, sich aber momentan noch um Platz 300 aufhält. Zumindest ist die Tendenz steigend.

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Ziel Top 10, oha.

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Julie schrieb:

Ziel Top 10, oha.

 

Mit 24????

Ein bißchen fragwürdig - aber war ja auch vor sieben Jahren...

Da kann auch der heutige knappe Sieg wohl kaum drüber hinwegtäuschen...

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Es ist ja gut, Ziele zu haben, aber vielleicht sollte sie erstmal realistisch sein. Wäre interessant zu wissen, was sie heute dazu sagen würde. Top 200 erreichen für ne GS-Quali wäre da vielleicht erstmal realistisch.

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Julie schrieb:

Es ist ja gut, Ziele zu haben, aber vielleicht sollte sie erstmal realistisch sein. Wäre interessant zu wissen, was sie heute dazu sagen würde. Top 200 erreichen für ne GS-Quali wäre da vielleicht erstmal realistisch.

 

Sie hat nicht `mal eine Weltranglisten-Position!!!!

Diablo

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Was soll sie denn sagen? Sie war jung, hat positiv gedacht, geträumt und war vermutlich einfach ehrlich. Ich glaube wir sind eins der wenigen Länder der Erde wo man sowas mit Sicherheit im nachhinein hämisch vorgehaltenen bekommt.

 

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Ich habe nichts hämisch vorgehalten - nur den sehr unrealistischen Post von Julie kommentiert...

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Sie wird sich ihre Ziele hochstecken. Man kann natürlich auch erstmal auf die Top500 abzielen, aber das rechnet sich ja kaum für Spielerinnen. Und ich habe ja nicht gesagt, bis wann sie das Ziel der Top200 erreichen soll.

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Braucht man für ein WTA-Ranking immer noch mindestens 3 Turniere? Die ersten 6 Punkte hat sie ja diese Woche bereits gesammelt, das wäre virtuell schonmal etwa Rang 820.

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Danielle Collins hatte vor 2016 auch kein konstantes WTA Ranking und war im US College Tennis aktiv. Mit 25 Jahren erreichte sie Anfang 2019 mit No. 23 ihr Career High - weitere Steigerung nicht ausgeschlossen.

 

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Wobei Collins eine der Top-Spielerinnen im US Tennis war und bei den US Open Simona Halep mal einen Satz abnahm, wenn ich mich richtig erinnere. Weiß jemand, wie erfolgreich Lutzeier gespielt hat?