Filderstädter Spätlese
Sie hat es schon wieder getan. Immer, wenn die Zeichen auf Karriereende im Einzel stehen, haut Laura Siegemund irgendwo her einen raus und man fragt sich, wo der denn schon wieder herkommt ? Gedanklich hatte sich die 37-jährige wohl längst auf eine Teilnahme an der Qualifikation zu den US Open eingerichtet (sofern sie dort überhaupt angetreten wäre), mit dem heutigen Tag sind diese Gedankenspiele nun jedoch allesamt passé. Dank ihres Sensationssieges in der dritten Runde von Wimbledon gegen die an Nummer sechs gesetzte US-Amerikanerin Madison Keys muss sich die Schwäbin darüber keinerlei Gedanken mehr machen. Sie hat ihren Platz im Hauptfeld in Flushing Meadows sicher.
Bereits zu Jahresbeginn 2023 hatte Siegemund mit dem Gedanken gespielt, sich zukünftig nur noch auf den Doppelwettbewerb zu konzentrieren, da sie drohte, aus den Plätzen herauszufallen, die zur direkten Teilnahme im Hauptfeld bei Grand Slam-Turnieren berechtigen. Dann folgten bei den Australian Open Siege über Lucia Bronzetti und Irina-Camelia Begu und schon waren die notwendigen Punkte eingefahren, die ihren weiteren Verbleib in den Einzelwettbewerben sicherten.
Die Geschichte von Wein, der im Alter immer besser wird, haben wir bereits bei Tatjana Marias sensationellem Titelgewinn im Queen's Club bemüht. Bei Siegemund hat man das Gefühl, dass sie erst jetzt, wo sie komplett ohne Druck agieren kann, zeigt, was sie eigentlich drauf hat. Nicht zu vergessen, dass eigentlich sie es war, die als das größte Talent der Jahrgänge 87/88/89 galt. Doch während Spielerinnen wie Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Julia Görges und nicht zu vergessen Angelique Kerber in den frühen 2010ern zu Hochform aufliefen, blieb Siegemund lange unter dem Radar. 2014 bestritt sie beim 25K-Turnier in Hechingen noch das Finale gegen Landsfrau Carina Witthöft als Weltranglisten-170. (und verlor dies nebenbei). Erst mehr als ein Jahr später hatte sie überhaupt erstmals den Einzug in die Top 100 erreicht, während andere deutsche Spielerinnen es sich längst in den Top 20 bequem gemacht hatten.
Und doch hat die 37-jährige in den letzten Jahren einige Duftmarken gesetzt. Im Einzel war ihr zwar als Highlight "nur" der Triumph beim Porsche Tennis Grand Prix 2017 vergönnt, doch trug auch sie ihren Teil zum Titelgewinn beim United Cup 2024 im Mixed an der Seite von Alexander Zverev bei. Zudem avancierte sie bereits früh zu einer der besten Doppelspielerinnen, die Deutschland je hatte. 16 Profititel kann sie ihr eigen nennen, darunter auch den der inoffiziellen Doppel-Weltmeisterin 2023 an der Seite von Vera Zvonareva. Zudem hat sie sich mittlerweile zwei Grand Slam-Titel im Mixed gesichert.
Die Erfolgsgeschichte von Siegemund ist so lang, da wäre der Wimbledon-Titel im Einzel doch eigentlich der krönende Abschluss einer einzigartigen Karriere. Aber den wird sie wohl nicht holen.
Oder doch ???
Turnier: Wimbledon 2025