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Lys prangert ungleichen Umgang bei Dopingfällen an

Dass Eva Lys gerne öffentlich ausspricht, wenn ihr etwas gegen den Strich geht, ist spätestens seit ihrer Medienschelte, als sie die Berichterstattung über Frauentennis in Deutschland kritisierte, bekannt. Aus ihrer Sicht würden die Herren der Schöpfung in den Medien zu Unrecht bevorzugt, da die Damen aus ihrer Sicht denselben Aufwand betrieben. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die deutschen Erfolge momentan hauptsächlich auf das Konto der ATP-Profis gehen, weshalb auch zurecht mehr über sie berichtet wird als über ihr weibliches Pendant.

Im aktuellen Fall, den Lys kritisiert, dürfte es hingegen keine zwei Meinungen geben. Wenige Wochen, nachdem der ominöse Dopingfall um Jannik Sinner ans Tageslicht gekommen war, hat es nun auch die Polin Iga Swiatek getroffen. Sie wurde im August auf die verbotene Substanz Trimetazidin getestet. Obwohl seitdem mehrere Monate vergangen sind, kam dies erst vor wenigen Tagen ans Licht.

Was in diesem Fall jedoch nicht nur Lys auf die Palme bringt: Swiatek erhielt für ihr Vergehen eine Sperre von sage und schreibe einem Monat, welche am 4. Dezember 2024 endet. Zwischen der positiven Dopingprobe und dem Ende der Sperre konnte die Polin dennoch sowohl an den WTA Finals als auch am BJK Cup-Finale teilnehmen, was für jeden normal denkenden Mensch ein Unding ist.

Lys verweist in ihrer Kritik zudem auf das Beispiel Tara Moore. Die Britin war vor einiger Zeit auf dieselbe Substanz positiv getestet worden, von einer einmonatigen Sperre und der Möglichkeit der Teilnahme an Turnieren in der Zeit zwischen positiver Probe und der Verkündung der Sperre war im Fall von Moore jedoch nichts zu sehen. Stattdessen wurde sie wie viele andere, die positiv getestes werden, über Monate lang im Regen stehen gelassen, während ihre Argumente, die definitiv nicht abwegiger als die von Sinner und Swiatek waren, auf taube Ohren stießen.

So hat sich auch wenig verwundert Simona Halep vor kurzem zu Wort gemeldet. Die Rumänin hatte bereits bei Bekanntwerden ihrer positiven Probe an ihre Unschuld beteuert, wurde jedoch vom ersten Tag an aus dem Verkehr gezogen und musste über ein Jahr warten, ehe ihre zunächst ausgesprochene Vier-Jahres-Sperre auf neun Monate reduziert wurde. Dies Reduzerung des Strafmaßes auf diese Höhe erscheint alleine deshalb lächerlich, da seit ihrer positiven Probe längst mehr als nur ein Dreivierteljahr vergangen war.

Tatsache ist: sowohl der Weltranglistenerste bei den Herren als auch diejenige bei den Damen sind in diesem Jahr positiv getestet worden. Tatsache ist ebenso, dass dem einen überhaupt nichts passiert ist ("konnte glaubhaft versichern, dass er unschuldig ist"), die andere verzichtete auf die paar Wochen Asientour, war jedoch bei den letzten beiden Saisonhöhepunkten am Start, da die Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt nichts von einer positiven Dopingprobe wusste.

Auch die Tschechin Nikola Bartunkova war in diesem Jahr positiv auf Trimetazidin getestet worden und stritt wie alle anderen Betroffenen ebenfalls ein Eigenverschulden ab. Dennoch wurde sie mit einer Sperre von sechs Monaten belegt, die mittlerweile komplett abgesessen ist.

Wie kann es sein, dass eine Spielerin heimlich, still und leise eine Sperre von einem Monat absitzt und nebenbei noch Turniere spielen kann, während andere für exakt dasselbe Vergehen erstens deutlich längere Sperren erhalten und zudem ab dem Moment des Bekanntwerdens der positiven Dopingprobe vom Spielbetrieb ausgeschlossen werden ? Regeln sind Regeln und sind von allen in gleichem Maße zu befolgen. Es darf in Dopingfällen keinen Promibonus geben, da sich ansonsten eines Tages alle Spielerinnen, die erwischt wurden, bei ihrer Verteidigung auf diese "Bevorzugtbehandlung" beziehen.

Daher muss für alles gelten: wer erwischt wird, gehört umgehend aus dem Verkehr gezogen, bis der Fall restlos geklärt ist. Im Falle von Jannik Sinner könnten die zuständigen Behörden genau dies anführen, komisch ist nur, dass dieser Fall faktisch über Nacht restlos geklärt werden konnte, während andere teilweise länger als ein Jahr warten müssen, ehe ihre Unschuld bewiesen wurde oder eben auch nicht.

Die Verfechter des sauberen Sports werden in den kommenden Wochen und Monaten ihre Hoffnungen in die Weltantidopingagentur setzen, die bereits Einspruch gegen die Handhabung im Fall Sinner eingelegt hat und dies möglicherweise auch im Fall Swiatek tun wird. Der Tennissport könnte auf diese Weise zwar zwei seiner Topstars verlieren, doch das Recht auf Gleichbehandlung für alle Athleten muss Vorrang haben vor dem Schutz einzelner, von denen man nicht weiß, ob sie wirklich so sauber sind wie sie immer beteuern.

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