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Der Zustand des Tennis-Jornalismus ist bedenklich

Garcia Begu SkandalEine Bosheit in einem Onlineforum und die Verbreitung dessen via Twitter hat in den vergangenen Tagen für einen Skandal gesorgt, dessen Zustandekommen kurioser ist als es jeder Drehbuchautor jemals hätte erfinden können. Doch es wirft auch Fragen nach der momentanen Qualität im Tennisjournalismus weltweit auf. Denn das, was Caroline Garcia in dieser Woche widerfahren ist, darf niemals passieren !

"Je vais réussir à perdre contre cette connasse de gitane tu vas" - diese Worte soll die Französin angeblich nach einem verschlagenen Ball beim Stande von 5:5 und 30:0 gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu gesagt haben. Auf deutsch frei übersetzt "ich verliere jetzt gegen diese Zigeunerschlampe".

Dies zumindest behauptete ein "Fan" in einem Onlineforum, gehört zu haben. Weitere Beweise hierfür, etwa auf entsprechendem Bild- und Tonmaterial, gibt es nicht. Auch der Zeitpunkt von Garcias angeblicher Aussage überrascht eher. Warum sollte man gerade bei 5:5 und 30:15 daran denken, das Match zu verlieren, wenn man drauf und dran ist, seinen eigenen Aufschlag zum 6:5 durchzubringen und somit nur noch ein Spiel vom Sieg entfernt wäre ?

Der Beitrag des "Fans" ist mittlerweile nicht mehr öffentlich einsehbar, nachdem diese Sache gerade am gestrigen Dienstag hohe Wellen geschlagen hatte. Was hingegen nach wie vor vorhanden ist, sind die Twitter-Beiträge, die dafür sorgten, dass dieser Skandal einem breiteren Publikum bekannt wurde.

 

Wenn Journalisten dieses Thema nun aufgreifen wollen, was fraglos ihr gutes Recht ist, sollten sie sich der Sache bewusst sein, dass es sich hier lediglich und offensichtlich um eine Behauptung eines Fans handelt, die jeglichen Beweis vermissen lässt. Die Tatsache jedoch ohne weitere Investigation als gegeben hinzunehmen, zeugt von mangelnder Kompetenz und sollte eher dazu führen, dass derjenige, der dies über die Presse weiterverbreitete, sich ernsthafte Gedanken um seine berufliche Ausrichtung machen sollte.

Ohne Frage haben Internet und Social media die Nachrichtenwelt verändert. Doch gerade, weil mittlerweile jeder seinen geistigen Dünnpfiff auf einfache Weise in aller Welt verbreiten kann, ist es unabdingbar, dass sich seriöse Journalisten dahingehend abgrenzen, dass sie ihre Quellen gegenchecken. Im Qualitätsjournalismus wird nichts veröffentlcht, was nicht mindestens von einer zweiten Quelle gestützt wird. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.

Um das Ausmaß dieser eigentlich banalen Sache zu erkennen, hilft ein Blick auf den offiziellen Twitter-Account der WTA. Die nämlich sah sich genötigt, eine Erklärung zum (eigentlich nicht vorhandenen) "Fall Garcia" abzugeben.

 

Und so darf sich dieser Spinner, der diese Lüge in die Welt gesetzt hat, insgeheim darüber freuen, wieviel Aufmerksamkeit sein schwachsinniges Handeln erlangt hat. In Wirklichkeit aber sollte er sich bis in alle Abgründe schämen, da er eine ehrbare Nachwuchsspielerin aufs übelste diffamiert und einen üblen Shitstorm verursacht hat. Aktuell 4143 Beiträge auf Garcias Facebook-Seite sprechen Bände.

 

Wenn das Wort Lügenpresse irgendwo seine Berechtigung hat, dann wohl hier. In diesem Sinne bleibt zum Wohle des Tennissports nur zu hoffen, dass sich so etwas nie wieder wiederholt.

Veröffentlichungsdatum:
Turnier: Charleston 2016