Drei deutsche Viertelfinaltickets in Braunschweig
Die BTHC Women's Open 2024 sind aus deutscher Sicht weiterhin für positive Überraschungen gut. Sechs deutsche Spielerinnen sind am Donnerstag angetreten, um sich mit einem Sieg für das Viertelfinale zu qualifizieren. Obwohl keine der sechs Deutschen als Favoritin in ihre Partie ging, gelang es dennoch dreien von ihnen, sich das Ticket für die Runde der letzten acht zu lösen. Nun erscheint sogar ein rein deutsches Halbfinale in Braunschweig im Bereich des möglichen.
Dafür müsste Eva Bennemann jedoch genauso wie heute eine gesetzte Spielerin aus dem Weg räumen. Am Freitag wartet die an Nummer zwei gesetzte Marina Melnikova auf die 16-jährige, die überhaupt zum ersten Mal das Viertelfinale bei einem Turnier dieser Kategorie erreicht hat. Bennemann bezwang überraschend die an Nummer sieben gesetzte Lettin Daniela Vismane mit 7:6(4) und 6:2, nachdem sie im ersten Satz zunächst einen 4:0-Vorsprung verspielt hatte und beim Stande von 6:5 vergeblich zum Satzgewinn servierte.
Deutlich nervenaufreibender verliefen die beiden anderen Partien, die mit einem deutschen Sieg zu Ende gingen. Eva Marie Voracek hatte es mit der Japanerin Funa Kozaki zu tun und legte direkt mit einem souveränen 6:1 vor. Auch im zweiten Durchgang war es die 25-jährige, der das erste Break zur zwischenzeitlichen 3:2-Führung gelang. Doch weder dies noch das darauffolgende Break zum 4:3 sollten die Vorentscheidung bedeuten. Stattdessen kämpfte sich die Japanerin immer wieder zurück ins Match und nachdem es Voracek nicht gelang, trotz zweier Breakchancen erneut mit 5:4 in Führung zu gehen, nahm ihr Kozaki postwendend das folgende Aufschlagsspiel zu null ab und gewann somit Satz zwei mit 6:4.
Ein ähnliches Szenario spielte sich auch im dritten Satz ab. Voracek erkämpfte sich direkt die frühe Breakführung, die Japanerin hatte in der Folge Mühe, den Abstand gering zu halten. Beim Stande von 3:1 aus deutscher Sicht ergaben sich sogar zwei Möglichkeiten zu einer möglichen Führung mit zwei Breaks, doch die 25-jährige konnte keine dieser beiden Chancen verwerten.
Im Gegenzug war es nun sie selbst, die kurz davor stand, ihre Führung abzugeben. Beim Stande von 3:2 gelang es ihr noch, beide Breakchancen ihrer Gegnerin zunichte zu machen, wenig später jedoch war die Partie aufgrund eines Aufschlagverlustes zum 4:4 wieder ausgeglichen.
Wohl noch unter dem Eindruck des verlorenen Aufschlagsspiel stehend hatte Kozaki daraufhin wenig Mühe, erstmals in diesem Satz selbst mit 5:4 in Führung zu gehen. Nach dem Seitenwechsel jedoch schien sich Voracek wieder gefangen zu haben. Einem souveränen Aufschlagsspiel zum 5:5 ließ sie direkt noch ein Break folgen, was ihr die erneute Führung in diesem Satz einbrachte. Dies bedeutete, dass sie nun selbst die Gelegenheit bekam, zum Matchgewinn zu servieren.
Dieses Aufschlagsspiel gestaltete sich jedoch deutlich schwieriger als das zuvor. Zwar schien die 25-jährige bei 30:0 bereits auf einem guten Weg zu sein, drei Punkte später jedoch sah sie sich einem Breakball und somit einem drohenden Tiebreak gegenüber. Es gelang ihr jedoch, dieses Szenario abzuwenden, sowohl bei diesem Punkt als auch wenige Augenblicke später, als die Japanerin erneut nur einen Punkt vom Tiebreak entfernt war. Stattdessen gelangen ihr am Ende der Partie drei Punktgewinne in Folge, was gleichbedeutend mit dem erstmaligen Einzug in ein W35-Viertelfinale in diesem Jahr ist. Somit wird es für sie in der Weltrangliste nach den US Open deutlich nach oben gehen.
Noch mehr Drama inklusive abgewehrten Matchbällen hatte die letzte Achtelfinalbegegnung zwischen Luisa Meyer auf der Heide und der an Nummer fünf gesetzten Georgierin Ekaterine Gorgodze zu bieten. Knapp dreieinhalb Stunden sollte diese Partie dauern, ehe klar war, wer von beiden am Ende den Platz als Siegerin verlassen würde.
Dabei schien die Antwort darauf zunächst ziemlich eindeutig zu sein. Die Favoritin aus Georgien fand, nachdem sie zu Beginn ihr Aufschlagsspiel verloren hatte, deutlich besser in die Partie und nutzte die Chancen, die sich ihr im Verlaufe des ersten Satzes boten, konsequent. Das Spiel der 22-jährigen wirkte in dieser Phase etwas fahrig. Der Wille war ihr zwar anzumerken, doch es gelang ihr nicht, ihr Spiel auf den Platz zu bringen. Wenig überraschend ging Durchgang eins an Gorgodze.
Im zweiten Satz bot sich zu Beginn exakt dasselbe Bild. Meyer auf der Heide war bemüht, ihre Gegnerin hingegen konsequent. Bei der zwischenzeitlichen 3:0-Führung der Georgierin mit zwei Breaks war man schon geneigt, den Deckel auf diese Partie zu machen, doch der Tennisgott hatte mit beiden Spielerinnen noch etwas vor an diesem Tag.
Die Georgierin, die bekannt dafür ist, dass sie nicht gerade geräuschlos auf dem Platz agiert, wurde trotz komfortabler Führung nun nur nicht immer lauter, sondern begann zunehmend, während der Ballwechsel in die Knie zu gehen, so als sei sie von Krämpfen geplagt. Tatsächlich gingen auch die folgenden beiden Spiele an die Deutsche, doch Gorgodze versuchte alles, um das Match irgendwie in zwei Durchgängen über die Bühne zu bringen.
Dieses Unterfangen wäre um ein Haar sogar von Erfolg gekrönt gewesen. Zwar gelang es der 22-jährigen, nach Abwehr von zwei Matchbällen zum zwischenzeitlichen 4:5 aus ihrer Sicht zu verkürzen, doch die Georgierin hatte daraufhin dennoch die Chance, um mit eigenem Aufschlag die Partie zu beenden.
Und es sah auch so aus, als würde die Favoritin nun den Sack zumachen und somit ihre Gegnerin zu den Gronau Open zu schicken, bei denen diese am Freitag als an Nummer zwei gesetzte Spielerin eigentlich ihre erste Partie bestreiten sollte. Doch daraus wurde zunächst nichts. Beim Stande von 40:30 verpasste Gorgodze es, ihren einzigen Matchball bei eigenem Aufschlag zu verwandeln und immer noch anscheinend von Krämpfen geplagt, gab es wenig später nicht etwa den Matchgewinn, sondern das 5:5 und ein "medical timeout".
Von alledem ließ sich die aktuelle Nummer 702 der Welt nicht beeindrucken. Abgeklärt ging sie erstmals in diesem Satz mit 6:5 in Führung und auf einmal entwickelte sie eine Körpersprache, die man im Laufe des Matches bisher nicht von ihr gesehen hatte. Es war ihr nun deutlich anzumerken, wie sehr sie die Chance erkannte, diesen Platz als Siegerin zu verlassen. Das Break zum 7:5, was zugleich den Satzausgleich bedeutete, war da nur folgerichtig.
Doch wer nun auf einen dritten Satz der Marke "Einbahnstraße" gehofft hatte, wurde direkt zu Beginn des letzten Durchgangs auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wohl noch etwas euphorisiert vom Gewinn des zweiten Satzes agierte Meyer auf der Heide zunächst etwa leichtsinnig und schenkte ihr erstes Aufschlagsspiel etwas leichtfertig her. Dennoch war spätestens jetzt auch allen Zuschauern klar, dass die 22-jährige alles dafür geben würde, um dieses Match für sich zu entscheiden. Selbst nach dem darauffolgenden 0:2 hatte sich an ihrer Körpersprache nichts geändert. Im Gegenteil: der Ärger über verpasste und leicht vergebene Chancen war ihr nun sichtlich anzumerken, zudem wurde auch sie an der einen oder anderen Stelle nun etwas lauter.
Ihr unbändiger Kampfgeist sollte wenig später auch belohnt werden. In einem nicht enden wollenden Aufschlagsspiel der Georgierin beim Stande von 1:2 wehrte Meyer auf der Heide drei Spielbälle ihrer Gegnerin ab, während sie selbst drei Chancen zum 2:2-Ausgleich verpasste. Erst der vierte Breakball sollte die Partie auch vom Ergebnis her wieder ausgeglichen gestalten. Das Momentum hingegen lag längst auf deutscher Seite.
Daran sollte sich auch in der folgenden Zeit nichts ändern. Gorgodze war nun zwar nichts mehr von möglichen Krämpfen anzumerken, das Spiel nahm jedoch nun ihre Gegnerin immer mehr in die Hand. Eine letzte Chance für die Georgierin ergab sich, als sie beim Stande von 3:3 einen Breakball bekam, diesen aber nicht verwandeln konnte. Im Gegenzug verlor sie zum zweiten Mal in diesem Satz ihr Service.
Nach drei Stunden und 22 Minuten spannender Unterhaltung war es dann soweit. Gleich mit ihrem ersten Matchball beendete Meyer auf der Heide eine Begegnung, die sie eigentlich schon verloren hatte. Aus dem Trip nach Gronau wird somit also nichts, schließlich wird sie morgen in Braunschweig noch gebraucht, wenn es um den Einzug ins Halbfinale gegen die Japanerin Ikumi Yamazaki geht, die sich gegen Tessa Brockmann heute durchsetzen konnte.
Das Viertelfinale in Braunschweig im Überblick:
Sinja Kraus (1) - Erika Sema
Silvia Ambosio (3) - Eva Marie Voracek
Luisa Meyer auf der Heide - Ikumi Yamazaki
Eva Bennemann (WC) - Marina Melnikova (2)
Turnier: Braunschweig 2024