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BJK Cup: als ihm der United Cup den Rang ablief

In der kommenden Woche finden die Qualifikationsspiele für das Finalturnier des Billie Jean King Cups am Ende der Saison statt. Für fünf deutsche Damen bedeutet dies eine lange Auswärtsreise ins weit entfernte Brasilien, sofern man sich nicht bereits wie beispielsweise Tatjana Maria und Laura Siegemund auf dem südamerikanischen Kontinent aufhält. Die Begeisterung über das, was da kommenden Freitag und Samstag in Sao Paulo ansteht, hält sich mancherorts in Grenzen. Und dies hat unterschiedliche Gründe.

Zu allererst ist da natürlich das Dauerthema Porsche Tennis Grand Prix. Deutschlands größtes WTA-Turnier in Stuttgart (mittlerweile ex equo mit Bad Homburg und Berlin) hat Jahr für Jahr damit zu kämpfen, dass deutsche Spielerinnen nicht an der Qualifikation teilnehmen können, obwohl ihr Ranking dafür ausreichen würde. Auch 2024 dürfte dies wieder der Fall sein. Geht man davon aus, dass es noch zur einen oder anderen Absage im Feld kommt, hätten sowohl Eva Lys als auch Anna-Lena Friedsam locker ihren Platz in der Qualifikation sicher. Das bringt aber nichts, wenn man zur selben Zeit in Brasilien die Bank drückt.

Die Anzahl der direkt im Hauptfeld von Stuttgart stehenden deutschen Spielerinnen kann der BJK Cup nicht beeinflussen, denn dafür genügt es, erst am Mittwoch in der Woche danach vor Ort zu sein. In der Qualifikation jedoch steht neben den beiden Wildcardspielerinnen Ella Seidel und Nastasja Schunk lediglich Jule Niemeier auf der Liste. Gut, für die Absage von Tamara Korpatsch kann der BJK Cup nichts, dennoch macht es für das Publikum einen Unterschied, ob nun drei oder fünf deutsche Spielerinnen an der Qualifikation teilnehmen. Bestenfalls hätten es sogar sieben werden können, sofern sich Korpatsch nicht verletzt hätte und Noma Noha Akugue die frei gewordene Wildcard von Ella Seidel erhält.

Doch nicht nur die ewige Terminkollision zwischen BJK Cup und Stuttgart ist vielen ein Dorn im Auge, auch das vor wenigen Jahren überarbeitete Format des Billie Jean King Cups rief viele Kritiker auf den Plan. Gefühlt haben die deutschen Tennisfans seit Jahresanfang mit dem United Cup einen neuen Liebling gefunden, obwohl dessen Format dem des BJK Cup nicht ganz unähnlich ist. Und natürlich kann man nun argumentieren, dass der United Cup in Deutschland ohne den deutschen Siegeszug wohl eher unter dem Radar gelaufen wäre, was möglicherweise auch nicht ganz unwahr ist.

Bis vor wenigen Jahren, als der Wettbewerb sich noch Fed Cup nannte, war dies noch ein reiner Länderkampf über drei Runden: Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel. Anfang Februar ging es darum, wer ins Halbfinale einzieht und wer um den Klassenerhalt in Weltgruppe I kämpfen muss, am Halbfinaltermin (immer in der Woche vor dem Porsche Tennis Grand Prix) fanden dann die Halbfinals und die Abstiegsplayoffs statt und die beiden Halbfinalsieger bestritten im November letztlich das Endspiel. Und bei allen Partien hatte ein Team Heimrecht.

Der umbenannte Billie Jean King Cup Cup hingegen ist sprichwörtlich nicht Fisch, nicht Fleisch. Der Februartermin ist mittlerweile ersatzlos gestrichen, lediglich (oder aus Porsche-Sicht eher: ausgerechnet) im April gibt es noch die klassischen Heim- und Auswärtspartien, wenn es darum geht, sich für das Finalturnier im November zu qualifizieren. Denn dieses Finale in einem der beiden Teilnehmerländer ist ebenfalls längst Geschichte. Stattdessen schicken die zwölf Teilnehmerländer ihre besten Tennisspielerinnen nach Sevilla, um binnen einer Woche die Siegerinnen zu küren.

In diesem Punkt unterscheiden sich United Cup und Billie Jean King Cup abgesehen von der Anzahl der Teilnehmerländer (18 zu 12) nur dadurch, dass beim United Cup auch ATP-Spieler am Start sind und das Doppel ein Mixed ist. Aber das ist nicht das, was den Wettbewerb jahrelang ausgemacht hat. Der Federation Cup, Vorgänger des Fed Cups, funktionierte ähnlich wie der BJK Cup heute. Doch gerade weil man den Kampf zweier Länder, wie er bei den Herren im Davis Cup schon länger praktiziert wurde, auch auf die Damen übertragen wollte, hatte man einst das Fed Cup-Format eingeführt. Und niemand war während dieser Zeit auf die Idee gekommen, dies wieder umkrempeln zu wollen. Im Gegenteil. Regelmäßig plädierte die ehemalige deutsche Fed Cup-Kapitänin Barbara Rittner für eine Aufstockung der Weltgruppe I auf 16 Teams analog zum Davis Cup-Format.

In welchem Punkt der United Cup auch einfacher zu verstehen ist als der BJK Cup sind die Qualifikationskriterien. Anstelle dieses komplizierten World-Regional-Zonal Group-Systems mit seinen unzähligen Auf- und Abstiegen, bei dem am Ende zwölf Mannschaften übrig bleiben,  qualifizieren sich für den United Cup neben zwei Wildcardteams einfach die 16 Länder, die kombiniert die besten Spieler und Spielerinnen in der ATP- und WTA-Weltrangliste stellen. Für Deutschland meldeten beispielsweise Alexander Zverev und Angelique Kerber. Für letztere wurde ihr PR von 31 herangezogen, auch wenn dies möglicherweise gar nicht notwendig gewesen wäre, um sich zu qualifizieren.

Obwohl das aktuelle BJK Cup-Format unter vielen Fans umstritten ist und es dringend reformiert werden sollte, Fakt ist: Deutschland in diesem Jahr die Chance, neben dem United Cup einen zweiten Mannschaftswettbewerb für sich zu entscheiden. Und dafür gilt es nun eben zunächst, in der kommenden Woche den Sieg aus Brasilien mitzubringen. Gegen wen das deutsche Team dann in Sevilla in der Gruppe antreten muss, zeigt sich bei der zu einem späteren Zeitpunkt stattfindenden Auslosung. Und wer weiß, vielleicht geht ja Barbara Rittners Traum von einer Rückkehr zum reinen Heim- und Auswärtsformat mit 16 Mannschaften eines Tages doch noch in Erfüllung, auch wenn für sie momentan nur noch die Zuschauerrolle bleibt.

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