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Barthel deklassiert Kerber - deutsches Tennis vor der Wachablösung ?

Es ist immer schwierig, Spiele mit Akteurinnen, die frisch von einer Verletzung zurück kommen, einzuordnen. Ob Angelique Kerber heute angeschlagen war oder nicht, war jedenfalls nicht zu erkennen. Da sie durchgespielt hat und es keine Anzeichen einer Behinderung gab, auch wenn sie phasenweise überaus lustlos wirkte, müssen wir uns an der Leistung und am nackten Ergebnis orientieren. Und das riecht nach einer Wachablösung im deutschen Frauentennis.

Vieles wurde ja im Vorfeld spekuliert. Tritt Kerber nur in Doha an, weil es ein Premier 5-Event ist und weil sie eine 0-Punkte-Wertung im Ranking vermeiden will oder ist sie wirklich schon wieder auf der Höhe des Geschehens ? Das erste Spiel im Match ließ zunächst letzteres vermuten. Kerber durchbrach in einem umkämpften Auftaktspiel das Service ihrer Gegnerin und ging mit 1:0 in Führung.

Danach spielte nur noch eine. Mona Barthel beherrschte Ball und Gegnerin nach Belieben, packte reihenweise ihre gefährlichen Rückhandwinner aus und gewann in einer halben Stunde Durchgang Nr. 1 souverän und hochverdient mit 6:1.

Die "Halbzeitansprache" der beiden Coaches war bezeichnend für die beiden Spielerinnen. Barthels Mutter Hannelore erinnerte ihre Tochter kurz daran, dass Kerber bereits schon einmal ein Match gegen Barthel trotz Satzverlustes gewann (als ob sie das nicht selbst wüsste) und Torben Beltz hätte auch gegen eine Wand reden können, der Unterschied zu Angelique Kerber wäre marginal gewesen.

In Satz 2 gelang der Kielerin dann ein Novum: der Gewinn des eigenen Aufschlags. Doch diejenigen, die sich nun auf einen eventuellen dritten Satz eingestellt hatten, wurden ziemlich schnell enttäuscht. Denn Barthel zog weiter ihr Spiel auf, während Kerber am Netz ungewohnt viele Schwächen zeigte und leichtfertige Punkte in Serie vergab. Bei ihrer Gegnerin funktionierte das Spiel am Netz hingegen fehlerlos.

Beim Stande von 2:5 die letzte Hoffnung von Kerber: ein 0:40 bei Aufschlag Barthel. Doch weder diese drei Breakbälle noch einen vierten hinterher sollte die momentan noch unumstrittene deutsche Nr. 1 verwerten können. Stattdessen nutzte Barthel ihrerseits den ersten Matchball zu einem grandiosen 6:1 6:2-Erfolg über die Nr. 6 der Welt und übertraf damit ihren Karrierebestwert, was Siege über höher platzierte Spielerinnen anbetrifft. Dieser war bislang Nr. 7 von Marion Bartoli 2012 in Stuttgart und Sara Errani in Paris vor eine Woche.

Sehr enttäuschend verlief für den Zuschauer auch das Ende der Übertragung. Kerber gratulierte, ohne die Gegnerin groß eines Blickes zu würdigen, gab der Schiedsrichterin lustlos die Hand und verschwand in Windeseile. Den Schlusspunkt im Duell der beiden momentan besten Spielerinnen hatte man sich sicher anders vorgestellt.

Während die Reise von Angelique Kerber bereits beendet ist, geht es nun für Mona Barthel am Donnerstag im Achtelfinale weiter gegen die Siegerin der morgigen Partie zwischen Caroline Wozniacki und Sorana Cirstea. Dass die Deutsche in diesem Duell nicht chancenlos sein wird, erübrigt sich zu erwähnen. Zur Zeit jedenfalls scheint gegen die Nr. 32 der Welt kein Kraut gewachsen zu sein. Fortsetzung folgt in der Runde der letzten 16.

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