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Tür zur Nummer eins steht Siegemund weit offen

Die Chancen, dass Laura Siegemund in absehbarer Zeit die Top-Position in der Doppelweltrangliste übernehmen könnte, standen vor dem Turnier in Roland Garros äußerst schlecht. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sich ein mögliches Szenario auszumalen, wie es zu einer Konstellation kommen könnte, damit dies eintrifft. Dafür war der Vorsprung von Su-Wei Hsieh und Elise Mertens an der Spitze schlichtweg zu groß. Mit dem heutigen Spieltag jedoch hat sich die Ausgangslage grundlegend verändert.

Nach den Regenfällen der letzten Tage konnten am Sonntag endlich die Partien in der Doppelkonkurrenz, die sich immer noch in der ersten bzw. zweiten Runde befindet, über die Bühne gebracht werden. Sowohl das topgesetzte Duo Hsieh/Mertens war in der zweiten Runde angesetzt, ebenso wie Siegemund mit ihrer Partnerin Barbora Krejcikova. Beide Paarungen sahen sich eher einfachen Aufgaben gegenüber. Hsieh/Mertens trafen auf das Duo um Emma Navarro und Diana Shnaider, das bislang nur einmal gemeinsam antrat, Krejcikova/Siegemund hatten es mit Tereza Mihalikova und Linda Noskova zu tun, zwei Spielerinnen, die man eher nicht in der Weltspitze im Doppel verortet.

Anstelle zweier ungefährdeter Siege jedoch kam für beide Paarungen zunächst das böse Erwachen. Die Partie von Hsieh und Mertens, die von beiden als erste startete, entwickelte sich nicht so, wie es das topgesetzte Duo es sich wohl vorgestellt hatte.  Nach einem kompletten Fehlstart ging der erste Satz mit 6:2 an Navarro und Shnaider. Erst mit Beginn von Satz schienen die beiden Favoritinnen ihrer Rolle gerecht zu werden und stürmten auf 3:0 mit zwei Breaks Vorsprung davon.

Ab der 4:1-Führung ging jedoch nicht mehr viel. Hsieh und Mertens brachen regelrecht ein und kassierten fünf Spielverluste in Folge. Dies bedeutete am Ende eine 2:6 und 4:6-Niederlage und somit das mehr als überraschende Aus der beiden Titelaspirantinnen.

Kurz nach Beginn der Partie von Hsieh und Mertens betraten auch Siegemund und Krejcikova den Platz zu ihrer Partie gegen Mihalikova und Noskova. Der Auftakt in diese Partie gestaltete sich ähnlich wie auch bei Hsieh/Mertens für die Favoritinnen überhaupt nicht wie gewünscht. Siegemund wirkte im ersten Satz phasenweise wie ein Fremdkörper auf dem Platz. Ihre gefürchteten "YES !" und "Come oooon !"-Ausrufe waren überhaupt nicht zu vernehmen und so kam es, dass die beiden Außenseiterinnen sich den ersten Satz mit 6:3 schnappten.

Nach einer kurzen Pause zwischen Satz eins und Satz zwei wirkte das deutsch-tschechische Duo wie ausgewechselt. Beide agierten deutlich aggressiver und auch Siegemund fand ihre Stimme wieder. Auf einmal nahm die Partie exakt den Verlauf, den man schon von Beginn an erwartet hatte. Folgerichtig gingen die beiden weiteren Sätze mit 6:2 und 6:2 souverän an das an Nummer vier gesetzte Duo, das somit im Achtelfinale in Roland Garros steht.

Ihre Gegnerinnen in der nächsten Runde sind mit Giuliana Olmos und Alexandra Panova zwei ausgewiesen gute Doppelspielerinnen. An Panova dürfte sind Siegemund noch gut erinnern, gewannen doch beide gemeinsam 2018 den Doppeltitel beim Turnier in Moskau. Nun gilt es jedoch, die ehemalige Partnerin in der kommenden Partie als Verliererin vom Platz zu schicken.

Denn durch die Niederlage von Su-Wei Hsieh und Elise Mertens darf man den Rechenschieber wieder zücken bzw. man braucht ihn eigentlich gar nicht. Die Ausgangslage ist nun eindeutig: Holen Laura Siegemund und Barbora Krejcikova den Titel in Paris, wird Siegemund die neue Nummer eins in der Doppel-Weltrangliste.

Dabei muss man diesmal nicht wie noch in Melbourne auf die Ergebnisse der anderen Partien achten. Vor Siegemund im Ranking steht als einzige nur noch Erin Routliffe, die in Paris noch mit ihrer Partnerin Leylah Fernandez im Rennen ist. Diese beiden würden jedoch im Halbfinale auf Siegemund und Krejcikova treffen und bis dahin hätte die Neuseeländerin nicht ausreichend Punkte geholt, damit die 36-jährige Schwäbin sie nicht mehr überholen könnte.

Der Titelgewinn ist für Siegemund jedoch Pflicht. Schon bei einer Finalniederlage würde Elise Mertens die Spitzenposition von ihrer Doppelpartnerin Su-Wei Hsieh übernehmen. Immerhin wäre die Spitze dann wenigstens weiter zusammengerückt, so dass eine Wachablösung im Laufe dieses Jahres immer noch möglich wäre und erstmals eine deutsche Spielerin von der Spitze der Doppelweltrangliste aus grüßen könnte.

Veröffentlichungsdatum:
Turnier: Roland Garros 2024