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Annika Beck: Endstation Rod Laver Arena ?

Wer hätte das gedacht ? Gestern noch große Trauer über das bittere Ausscheiden Mona Barthels, heute überrascht uns eine weitere Deutsche - diesmal allerdings im positiven Sinne. Annika Beck hat bei ihrem ersten Grand Slam-Turnier, in dem sie direkt im Hauptfeld steht, die als "Golden Set Girl" bekannte Kasachin Yaroslava Shvedova aus dem Turnier gekegelt. Kurios: auch Shvedovas damaliges "Opfer" Sara Errani kann zumindest im Einzelwettbewerb ebenfalls schon ihre Koffer packen.

Nun steht ihr nur noch die Japanerin Ayumi Morita im Weg zum wohl bislang größten Match ihrer noch jungen Tenniskarriere, vorausgesetzt auch ihre mögliche Drittrundengegnerin Serena Williams übersteht die 2. Runde gegen Garbine Muguruza. Der Lohn für Beck, in die Runde der letzten 32 eingezogen zu sein, wäre wohl ein Auftritt kommenden Samstag in der Rod Laver Arena. Auch wenn die Deutsche dort gegen die US-Amerikanerin untergehen sollte, dürfte dieses Match eine wichtige Erfahrung für ihre weitere Tenniskarriere darstellen.

Denn Annika Beck hat etwas, das man bei vielen anderen deutschen Damen vermisst: mentale Stärke. Die Fähigkeit, enge Matches am Ende zu ihren Gunsten zu entscheiden, ist nicht jeder gegeben. Paradebeispiel hierfür ist wohl Mona Barthel, die in erster Linie 2013 nicht an Wickmayer und Pervak, sondern eher an sich selbst scheiterte. Ebenso hat Sabine Lisicki erst heute wieder einen möglichen Sieg gegen Wozniacki leichtfertig und ohne Not aus der Hand gegeben.

Annika Beck, die immerhin der Nr. 28 der Setzliste gegenüber stand, praktizierte hingegen das genaue Gegenteil. Dachte jeder bei 6:2 6:7 0:3 wohl schon, das Match sei zugunsten Shvedovas entschieden, drehte Beck mit sechs Spielgewinnen in Folge noch einmal richtig auf und ließ "Slava" im Regen stehen. Um solch eine Wende zu schaffen, gehört neben dem unbedingten Siegeswillen, den die Neu-Stuttgarterin ohne Frage besitzt, auch eine gehörige Portion Talent. Eine Mischung, wie man sie früher bei Boris Becker beobachten könnte.

Vielleicht gilt Annika Beck gerade deswegen als mit Abstand größte deutsche Nachwuchshoffnung. Kerber, Görges, Barthel und Lisicki - alle haben ihren Platz in der (erweiterten) Weltspitze eingenommen. Der große Wurf jedoch ist bisher keiner gelungen. Wimbledon-Halbfinale ist toll, aber genauso schnell vergessen, wie es einem bewusst wird.

Auch Beck kann bislang auf der WTA-Tour als größten Erfolg lediglich die Viertelfinalteilnahme von Shenzhen vorweisen. Doch wer in seinem ersten kompletten WTA-Tour-Jahr bereits zu Saisonbeginn die Runde der letzten acht erreicht (was nicht einmal Mona Barthel 2012 gelang), von dem darf man noch die eine oder andere Überraschung erwarten.

Also einen Grand Slam-Titel 2013 für Annika Beck ? Wohl eher nicht. Wobei, hätte 1985 im Januar einer die Begriffe "Grand Slam-Titel" und "Boris Becker" in einem Satz genannt, wäre er wohl nur so von Häme und Spott überschüttet worden. Dabei wäre es genau das, was Deutschland aus dem dauerhaften Tennis-Winterschlaf erwachen lassen würde: der Majortitel einer deutschen Außenseiterin. So unwahrscheinlich das auch klingen mag, von der mentalen und physischen Einstellung bringt Annika Beck in jedem Falle alles mit, was eine Große ihres Sports benötigt. Jetzt muss ihr nur der Paukenschlag gelingen. Samstag gegen Serena Williams wäre ein Ausrufezeichen !

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