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Das Berliner Rasenturnier und seine Alternativen

Das waren noch Zeiten, als es in Deutschland fünf Damenturniere an der Zahl pro Jahr gab. Mittlerweile sind wir ja schon froh, dass es mit Nürnberg zumindest wieder ein zweiter Standort hierzulande in den Turnierkalender geschafft hat. Durch den neuerlichen Hype um Sabine Lisicki scheinen so manche nun mit einem dritten Turnier in Berlin zu liebäugeln, am besten noch auf Wunsch der Wimbledonfinalistin auf Rasen. Eine Idee, die neben Vorfreude auch Bauchschmerzen auslöst.

In der Theorie klingt alles ganz einfach. Ich nehme das Stadion des LTTC Rot-Weiß, verlege darauf dank zahlreicher Sponsoren, die sich nun wohl leichter finden lassen als noch vor wenigen Tagen, Rasenplätze und schon kann es 2015 losgehen.

In der Praxis jedoch sei dieser Schritt gut überlegt. Das erste Problem ergibt sich bereits bei der Suche nach einem passenden Termin. Nun wird ja ab 2015 die Rasensaison um eine Woche verlängert und somit bieten sich in diesem Zeitraum Optionen für neue Rasenstandorte. Nur wird in diesem Zeitraum auch im übernächsten Jahr das Turnier von Nürnberg direkt nach Roland Garros stattfinden und die Vorstellung, dass zwei von drei Turnieren auf deutschem Boden binnen maximal drei Wochen über die Bühne gehen sollen, ist nun nicht gerade prickelnd.

Doch für ein Wimbledon-Vorbereitungsturnier gibt es nun mal nur drei mögliche Termine und somit würde ein Rasenturnier in Berlin in jedem Falle im Juni im Kalender stehen. Welche Alternativen hätte man hier noch ? Eine Verschiebung des Nürnberger Versicherungscups wäre denkbar.

Doch wann soll dieser dann stattfinden ? Vor Roland Garros wäre aufgrund der mitteleuropäischen Wetterlage noch riskanter als es der aktuelle Termin bereits ist. Also könnte man sich an Budapest und Palermo orientieren und das Turnier anstatt direkt nach Paris zukünftig direkt nach Wimbledon ansetzen.

Diese Idee kann man jedoch ebenfalls schnell verwerfen. Keiner kann Sandra Reichel, die neben Nürnberg auch Turnierdirektorin beim Turnier von Bad Gastein ist, zumuten, dass sie ihre beiden Events direkt nacheinander abspult. Da die Qualifikation von Bad Gastein sich ohnehin mit dem Finalwochenende von Nürnberg überschneiden würde, wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem lässt sich das zweite Turnier nicht noch weiter nach hinten verschieben, da dann bereits die US Open Series beginnt und sich der Großteil der Spielerinnen in Richtung USA begibt.

Was sowieso nicht so ganz nachvollziehbar ist: warum muss man sich, nur weil Sabine Lisicki dies in ihrer Pressekonferenz so gesagt hat, mit Gedankenspielen über ein Rasenturnier auf deutschem Boden machen ? Die Pflege von Rasenplätzen ist um ein vielfaches aufwendiger als von Sand- oder Hallenplätzen. Und von beidem hätte man in Deutschland eigentlich genügend zur Verfügung.

Lisicki wird auch ohne deutschen Rasen in Zukunft genügend Möglichkeiten besitzen, anderswo auf ihrem Lieblingsbelag anzutreten. Nur zur Erinnerung: selbst in der diesjährigen, noch kürzeren Rasensaison, spielte Lisicki ausschließlich in Birmingham. Die Woche von Eastbourne und s'Hertogenbosch ließ sie ungenutzt verstreichen. Zudem würde es bei einem weiteren Rasenturnier auf deutschem Boden im Juni zu Problemen mit der hiesigen TV-Landschaft kommen, da diese zusätzlich noch das ATP-Turnier in Halle und zukünftig auch das in Stuttgart bedienen wird.

Eine mögliche Lösung des Problems: wir gehen weg von der Person Sabine Lisicki und wenden uns der deutschen Tennislandschaft allgemein zu. Momentan haben wir im April ein Hallenturnier auf Sand in Stuttgart und im Juni eine Freiluftveranstaltung auf demselben Belag in Nürnberg. Warum also denkt der DTB nicht über ein Turnier auf Hartplatz nach ? Nach Möglichkeit sogar Indoor, um jeglichen Wetterkapriolen aus dem Weg zu gehen.

Wenn etwas in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt wurde, waren es genau solche Events, die man heutzutage noch in Paris, Linz und Luxembourg findet, wobei ersteres zudem unter der ungünstigen Ansetzung direkt nach den Australian Open zu leiden hat.

Und genau hier sollte man ansetzen. In der Woche nach dem Turnier von Paris findet zwar der Fed Cup statt, trotzdem soll es bereits ab 2014 parallel ein International-Turnier geben. Was spräche nun dagegen, dieses Turnier auf deutschem Boden zu veranstalten ? Natürlich, die vier für den Fed Cup nominierten Deutschen könnten leider nicht mit von der Partie sein, doch da es sich um ein Turnier der untersten WTA-Kategorie handelt, wäre es ohnehin mehr für die "zweite Reihe" attraktiv.

So könnten sich bereits im Februar, während sich beispielsweise das Quartett Kerber/Lisicki/Barthel/Petkovic auf seine Fed Cup-Partie vorbereitet, Julia Görges, Annika Beck, Dinah Pfizenmaier, Carina Witthöft und weitere deutsche Spielerinnen vor heimischem Publikum präsentieren. Ein Turnier auf deutschem Boden mit vielen deutschen Teilnehmerinnen und zudem in derselben Woche die erste Runde im Fed Cup ebenfalls mit deutscher Beteiligung - was spricht gegen eine "deutsche Festwoche" im Tennis ? Die Fans sehnen sich nach den alten Zeiten, doch auch wenn man diese nicht zurückholen kann, wäre zumindest eine Woche im Jahr Deutschland einig Tennisland.

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