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Fünf Sätze bei den Damen und andere Hirngespinste

Stacey Allaster hat sich heute erneut zum Thema "gleiches Preisgeld = gleiche Leistung" zu Wort gemeldet. Andy Murray ist beispielsweise einer der Verfechter dafür, dass auch die Damen bei Grand Slam-Turnieren "best of five" spielen sollten, um ihre Preisgeldangleichung zu rechtfertigen. Die WTA-Chefin hat nun den Ball an die ITF zurückgespielt. "Fünf Sätze - wir sind bereit". Ob sie sich den Auswirkungen davon bewusst ist, falls die ITF dem zustimmen würde ?

Abgesehen davon, dass der weibliche Körper anatomisch dafür schon gar nicht dauerhaft in der Lage ist, über fünf bis sechs Stunden Höchstleistungen abzuliefern, hätte man in Paris, New York, Melbourne und Wimbledon ein ganz anderes Problem. Denn mit den schnellen 50 MInuten-Matches, die man insbesondere in den ersten Runden häufiger erlebt, wäre endgültig Feierabend.

Die komplette erste Runde, die in der Regel an den ersten zwei Turniertagen über die Bühne gebracht wird, müsste von vorneherein auf drei Tage konzipiert werden. Gut, wird man sich in Roland Garros denken, dann machen wir den ersten Sonntag eben genauso voll wie die anderen Tage auch.

Das aber bringt nur dann etwas, solange auch das Wetter mitspielt. Selbst die bestehenden oder geplanten Dachkonstruktionen schaffen hierbei nur bedingt Abhilfe, denn ein überdachter Platz bedeutet gleichzeitig 17 andere, die nicht über diesen Luxus verfügen und auf denen somit der Spielbetrieb ruht. Und jede Regenunterbrechnung brächte den ohnehin zu Beginn straffen Zeitplan noch mehr ins Wanken. Die logische Konsequenz: ein Grand Slam-Turnier mit best of five für beide Geschlechter ist unter den aktuellen Bedingungen in zwei Wochen nicht machbar.

Was bringt es den Damen ehrlich gesagt, einen Gewinnsatz länger zu spielen ? Ist es nicht eher so, dass es aus Sicht der Fans eher sinnvoller wäre, bei den Männern auf zwei Gewinnsätze herunterzuschrauben ? Natürlich erinnert man sich gerne an solche 5-Satz-Klassiker zurück wie die Wimbledon-Finals zwischen Nadal und Federer oder Roddick und Federer, die sicher nicht diesen Stellenwert in der Tennisgeschichte hätten, wären sie nur über best of three gespielt worden. Doch wer ertappte sich auf der anderen Seite nicht schon dabei, beim Verfolgen eines nicht enden wollenden Herrenmatches ein schnelles Ende herbeigewünscht zu haben ? Dies dürfte weitaus häufiger der Fall gewesen sein als wie es zu diesen unvergessenen "five set epics" kam.

Best of five wäre allgemein eher etwas, was man in der zweiten Woche eines Grand Slams gerne einführen könnte. Damen und Herren bestreiten die ersten drei Runden zunächst auf zwei Gewinnsätze, ehe dann ab dem Achtelfinale für beide Geschlechter auf best of five ausgedehnt wird. Diesen verbliebenen 16 Damen dürfte man die längere Distanz auch problemlos zumuten können, zudem wäre dies vom Turnierplan her zeitlich machbar. Nur ob es den Herren schmeckt, wenn man zukünftig in der ersten Runde keinen 0:2-Satzrückstand mehr wettmachen kann ? Wohl eher nicht !

Die Damenkonkurrenz - und möglicherweise ist es auch das, worauf Stacey Allaster insgeheim anspielt - ist bei Grand Slam-Turnieren nichts anderes als ein stinknormales WTA-Turnier mit dem Unterschied, dass nicht 32, 64 oder 96 Spielerinnen, sondern eben 128 daran teilnehmen. Dass man versuchen will, es auf irgendeine Art attraktiver zu machen, ist durchaus legitim. Aber gleich best of five ab Runde 1 ? Das würde nicht lange gut gehen. Schließlich sind selbst die Zeiten des Best-of-five-Masters-Finales längst wieder passé.

Also gäbe es nur zwei (un)mögliche Alternativen: entweder man ändert das Turnierformat oder man modifiziert die Zählweise. Das Turnierformat ließe sich beispielsweise in sofern ändern, als dass man wie bei den WTA-Championships auf den Round-Robin-Modus zurückgreift. Die ersten zwei Runden werden wie momentan auch im K.O.-System über best of 3 gespielt, ehe danach die verbliebenen 32 Spielerinnen in acht Gruppen à vier Teilnehmerinnen gelost werden. Diese treten dann an den kommenden drei Turniertagen jeweils einmal gegeneinander beispielsweise im Modus "best of 18 games" gegeneinander an. Wer zuerst zehn Spiele gewonnen hat, ist Sieger, bei 9:9 endet die Partie unentschieden. Die acht Gruppensieger qualifizieren sich für das Viertelfinale, ab dem dann best of five gespielt wird.

Eine weitere, ebenfalls nicht wirklich ernst gemeinte Idee, ist zwar best of five von Beginn an zu spielen, jedoch nicht wie bisher bis sechs, sondern nur noch bis vier Spielgewinnen pro Satz mit Tie-Break in den ersten vier Sätzen bei 4:4. Dies würde durch schnellere Satzentscheidungen mehr Spannung für die Zuschauer bedeuten und hieße wie aktuell auch, dass zum Sieg mindestens zwölf Spielgewinne nötig wären. Somit würden sich die Grand Slam-Formate von den üblichen WTA-Turnieren immerhin in einem Punkt unterscheiden, ohne dass der Veranstalter mehr Zeit einplanen müsste.

Und dann gäbe es noch eine dritte Variante: man lässt einfach alles so, wie es ist. Hat sich doch bewährt. Oder etwa nicht...?

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