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Wirklich social, diese networks ?

Twitter LogoFast jede Topspielerin hat ihn und nutzt ihn auch regelmäßig. Über ihren Twitter-Account senden die WTA-Stars ihre Nachrichten und Fotos rund um den Erdball an ihre Fans. Tolle Sache, so könnte man meinen. Doch seit einigen Tagen hat der Glanz der Twitter-Welt erhebliche Kratzer bekommen. Mit der Kanadierin Rebecca Marino erklärte letzte Woche erstmals eine ehemalige Top 50-Spielerin ihren Rücktritt, weil sie die Anfeindungen, die sie auf diesem Wege erhalten hatte, nicht mehr aushielt.

Sind die networks wirklich so social, wie sie uns verkauft werden ? Oder werden wir durch Twitter und Facebook in eine Welt hineingedrängt, die voller Gefahren steckt und zudem unkontrollierbar ist ? Schließlich werden wir mittlerweile schon überall in den Medien dazu animiert, "auf Twitter unter dem Hashtag #xy mitzudiskutieren" oder "über Facebook unter faceboook.com/xy unsere Meinung zu sagen". Wer nicht dabei ist, ist out. Rebecca Marino war auch dabei - und ist gerade deswegen nun out.

Grundsätzlich sind Twitter und Facebook sinnvolle Erfindungen. Nirgendwo schneller ist man mit der ganzen Welt mit einem Mausklick verbunden. Doch sobald es um Personen des öffentlichen Lebens geht, ist dem Missbrauch durch diese Medien Tür und Tor geöffnet.

Sind wir doch mal ehrlich: die "soziale Nähe", die uns Twitter suggeriert, ist eine Scheinannahme. Nur weil Serena Williams eine Million Follower hat, sind das nicht gleichzeitig eine Million Freunde, auch wenn viele davon insgeheim so denken und in ihren Tweets angesichts der Anonymität im Netz jegliche Hemmungen fallen lassen. Wahrscheinlich sehen es manche sogar als Beleidigung an, wenn sie keine Antwort von ihr erhalten.

Wir sind aber nicht mit den WTA-Stars befreundet. Der Hauptgrund, warum eine Tennisspielerin bei Twitter ist: weil es der einfachste Weg ist, Fanarbeit zu leisten. Wer freut sich nicht, wenn er von seinem Star etwas zu lesen bekommt ? Antworten hingegen - insbesondere solche, die Anfeindungen und Beleidigungen enthalten - sind nicht unbedingt erwünscht.

Solange es Menschen auf dieser Welt gibt, wird es auch immer solche Spinner geben wie diejenigen, die Marino soweit gebracht haben, dass sie in Depressionen verfiel. Und dessen muss sich auch jede öffentliche Person, die diesen Kommunikationsweg wählt, bewusst sein. Je präsenter ich bin, umso angreifbarer und verletzlicher bin ich. Wer neben Twitter parallel noch eine Facebook-Seite betreibt, bietet den Idioten gleich zwei Plattformen, auf denen man auf übelste beschimpft und beleidigt werden könnte.

Einen anderen, aber nur marginal unterschiedlichen Weg, bestreitet Deutschlands aktuelle Nr. 1 des Jahres, Mona Barthel. Kein Twitter, kein Facebook, dafür aber eine eigene, selbstgebastelte Homepage, auf der Fans (und leider auch jeder Spinner) der Spielerin direkt Nachrichten zukommen lassen können. Theoretisch könnte Barthel so auf diesem Weg exakt genau dasselbe wiederfahren wie einst Marino.

Der Grund jedoch, warum dies mit ziemlicher Sicherheit nicht passieren wird, ist dass solche Leute erstens zu faul sind, extra auf eine Homepage zu gehen und zweitens im Gegenteil zu sozialen Netzwerken außer dem Absender und dem Empfänger keiner das Geschriebene zu Gesicht bekommt. Für Profilneurotiker ist dieser Weg daher uninteressant. Sie wollen schließlich, dass möglichst die ganze Welt ihre hirnlosen Kommentare lesen kann und geilen sich dazu an ihren eigenen menschenunwürdigen Äußerungen auf. Nur deswegen brauchen solche Leute einen Twitter- bzw. Facebook-Account.

Rebecca Marino aber brauchte diese Leute nicht.

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