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WTA 125K Suzhou: Friedsam in eigenartiger Mission

Es nennt sich WTA-Turnier, bei dem Anna-Lena Friedsam kommende Woche an den Start geht, aber irgendwie sieht es ganz anders aus als das, was man sich eigentlich darunter vorstellt. Das 125K-Turnier von Suzhou macht einmal mehr deutlich, dass die schrittweise Verlagerung der WTA-Tour nach China ein Rohrkrepierer ist. Da dort zudem die meisten Turniere der "125K Series" stattfinden, gilt dies ebenso für das Format.

Für die 29 Starterplätze im Hauptfeld (plus drei Wildcards) sind am Ende von ursprünglich weit mehr als 50 gemeldeten Spielerinnen gerade einmal 31 übrig geblieben, die überhaupt in Suzhou an den Start gehen. Dieser Umstand hat zur Folge, dass sechs Spielerinnen in der Qualifikation um die vier zu vergebenden Plätze spielen. Für die beiden topgesetzten Qualifikantinnen Emily Webley-Smith und Chin-Wei Chan bedeutet dies ein Freilos in der einzigen Qualifikationsrunde und somit der direkte Einzug ins Hauptfeld, ohne überhaupt in der Qualifikation angetreten zu sein.

Übrig bleiben lediglich zwei Partien, welche man aufgrund des "vollbepackten" Feldes gleich auf beide Qualifikationstage verteilt hat. So spielt morgen lediglich Shu-Ying Hsieh gegen Yi Yuan, am Sonntag folgt dann die Begegnung zwischen Ai Wen Zhu und Yuan Xin. Sollte es in der Zwischenzeit jedoch zu zwei Absagen im Hauptfeld kommen, hätten beide Partien lediglich statistischen Wert, da die Verlierer über die Lucky Loser-Regelung ohnehin nachrücken würden.

Unter den "letzten Mohikanern" findet man dennoch neben Anna-Lena Friedsam zumindest halbwegs bekannte Namen. Angeführt wird die Liste von der Österreicherin Patricia Mayr-Achleitner, gefolgt von Luksika Kumkhum. Desweiteren in Suzhou am Start sind unter anderem Ksenia Pervak, die vor wenigen Tagen noch Angelique Kerber gegenüber stand, und die Estin Anett Kontaveit.

Trotz des mehr als enttäuschenden Feldes wird es auch bei diesem Turnier wie bei allen 125K-Events am Ende 160 Weltranglistenpunkte für die Siegerin geben. Zum Vergleich: die drei deutschen Damen, die in Flushing Meadows in der dritten Runde stehen, erhalten dafür bislang jeweils "nur" 130 Punkte, obwohl sie dafür bereits teilweise stärkere Gegnerinnen schlagen mussten als diejenigen, die man in Suzhou findet.

Für Anna-Lena Friedsam wären diese 160 Punkte natürlich ein willkommener Segen, stehen doch bei ihr in den nächsten Wochen insgesamt 266 Punkte auf dem Spiel, die sie bis Jahresende nach Möglichkeit noch einfahren sollte, um den Anschluss an die Top 100 zu halten. Dies wäre auch im Hinblick auf einen Start im Hauptfeld der Australian Open 2015 wichtig.

Die WTA 125K-Serie wurde vor zwei Jahren unter dem Namen "WTA Challenger Series" ins Leben gerufen. Sie sollte den Unterbau zu den Internationals darstellen und Turnierveranstaltern die Möglichkeit geben, Turniere unter dem Dach der WTA mit einem geringeren Preisgeld durchführen zu können. Doch die in der Theorie gute Idee erweist sich in der Praxis als fragwürdiges Unterfangen.

Zunächst einmal gibt es für 125K-Turniere nicht wie für die "gewöhnlichen" WTA-Turniere einen Jahreskalender, sondern lediglich eine lose Auflistung von sage und schreibe fünf Veranstaltungen in diesem Jahr, wovon zwei zudem noch zur selben Zeit ausgetragen werden.
 

DatumOrt
21. Juli 2014Nanchang, China
1. September 2014Suzhou, China
27. Oktober 2014Ningbo, China
3. November 2014Taipei, Taipei
3. November 2014Limoges, Frankreich

Zudem sind die Regeln, was die Teilnahmeberechtigung anbelangt, unterschiedlich zu sonstigen WTA-Turnieren. So ist es grundsätzlich Spielerinnen innerhalb der Top 50 nicht erlaubt, für 125K-Turniere zu melden. Ihnen ist die Teilname nur durch eine von der WTA vergebene Wildcard gestattet. Diese geht jedoch nicht an eine Top 10-Spielerin, da deren Teilnahme grundsätzlich untersagt ist. Während an den letzten vier Terminen 2014 parallel keine höherwertigen WTA-Turniere angesetzt sind, kollidierte das Turnier von Nanchang mit dem Baku Cup. In diesem Falle gelten für 125K-Turniere noch strengere Regeln als für sonstige dieser Kategorie. So besagt das aktuelle WTA-Regelbuch auf Seite 27, dass Spielerinnen, die bei einem parallel zu 125Ks stattfindenden WTA-Turnier im Hauptfeld stehen würden, falls sie dort gemeldet hätten, nicht an diesem 125K-Turnier teilnehmen dürfen. Im Falle von Nanchang bedeutete dies, dass alle teilnehmenden Spielerinnen niedriger klassiert sein mussten als die letzte, die in Baku direkt für das Hauptfeld akzeptiert wurde (Katarzyna Piter, 102). Zum Ausgleich durfte das Turnier vier "Top 100-Wildcards" an stärkere Spielerinnen vergeben. Letztlich Gebrauch davon machten nur Jie Zheng und Shuai Peng, die am Ende auch als Siegerin hervor ging. Eine Erfolgsgeschichte sieht wahrlich anders aus als das, was die streng limitierten Bedingungen bislang zuließen. Daher sollten die Zugangsbeschränkungen gelockert werden, um die Turniere attraktiver und für den Tennisfan nachvollziehbarer zu gestalten. Dadurch könnte sich auch die Akzeptanz dieser Serie steigern, die bislang den Ruf genießt, niedrig gerankten Spielerinnen "billige" Punkte zu bescheren, die sie in der Weltrangliste auf einen Platz nach vorne bringen, der ihr eigentliches Leistungsvermögen nicht wiederspiegelt. Dennoch hätte wohl kein deutscher Tennisfan etwas dagegen einzuwenden, sollte Anna-Lena Friedsam in Suzhou am Ende davon profitieren. Schon gewusst ? Bei einem der ersten 125K-Turniere im November 2012 ging die damals verletzungsbedingt in der Weltrangliste abgerutschte Andrea Petkovic an den Start und sicherte sich 85 Punkte dank ihres Einzugs ins Halbfinale von Pune/Indien. Sie unterlag der späteren Siegerin Elina Svitolina, die damals noch weitestgehend unbekannt war.

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