Kommentare von Schwarzwaldmarie

Bei aller Euphorie über die Leistung von Mischa Zverev muß man auch sagen, dass Djokovic momentan ein großes Motivationsproblem hat. Nach der Vervollständigung seiner Gran-Slam Sammlung mit dem Gewinn der French Open scheint ihm etwas der unbedingte Siegeswillen verloren gegangen zu sein. Vor einem Jahr wäre so ein Spielstand eine wahre Sensation gewesen. Interessant wird es auch sein, ob der Joker auch nächstes Jahr mit seinem Trainer Boris Becker weiterarbeitet.

Überhaupt stehen dem Herrentennis sehr spannende Monate bevor. Findet Djokovic nocheinmal zu seiner Dominanz zurück, kann Roger Federer nach seiner sehr langen Verletzungspause an seine frühere Form anknüpfen, bedendet Nadal seine Durststrecke ohne Turniersieg, bzw ohne Grand Slam Sieg, kann er nochmals die French Open gewinnen, kann Andy Murray die momentane Schwäche seiner Konkurrenten nutzen und sich zur Nr.1 aufschwingen, setzt Wawrinka seine Serie fort, jedes Jahr 1 Grand Slam Titel an unterschiedlichen Orten, haben die restlichen Tennisspieler nun größere Chancen in die Phalanx der Top 4-5 einzubrechen, können Djokovic oder Nadal die Rekordmarke von 17 GS Siege von Roger Federer noch überbieten.

 

 

Kurz vor Ende der diesjährigen Saison muß man leider feststellen, dass bei Julia Görges im Vergleich zu den letzten Jahren kein Fortschritt zu erkennen ist. Nach der großen Umstellung in ihrem Betreuerstab hatte man gehofft, dass sich dies deutlich positiv in ihren Ergebnissen bemerkbar macht. Vor allem im mentalen Bereich gibt es noch erhebliche Defizite. Das letzte Spiel ist dafür ein gutes Beispiel. In beiden Sätzen geführt, die Gegnerin im Griff gehabt und trotzdem das Match verloren. Spannend wird es sein, ob man für die anstehende Tennis-Pause nochmals Ideen hat, um das nächste Jahr positiver gestalten zu können.

Die Übertragung des Endspiels zwischen Kerber und Pliskova hat dem Spartensender Eurosport mit insgesamt 1,06 Mio Zuschauern und 5,8 % Marktanteil einen schönen Quotenerfolg beschert. Bei der Durchsicht der Pressestimmen, die auf den Videotextseiten des ZDF und Sport1 zu finden waren, ist mir vor allem der Kommentar in der Zeitung "Welt" in Erinnerung geblieben, bei dem auf den fehlenden Knalleffekt und den mangelnden Glamourfaktor hingewiesen wurde. Während in den gesammelten Stimmen der ausländischen Presse die Leistung Angelique Kerbers ausnahmslos gefeiert wurden, fehlt ausgerechnet einer konservativen deutschen Zeitung der Glamour. Dabei ist genau das eine wesentlicher Grund für die Erfolgsgeschichte Angelique Kerbers. Denn trotz großem Erfolges (Sieg bei den Australian Open) steht auch weiterhin das Sportliche im Vordergund. Von dieser Haltung könnten sich auch einige Konkurrentinnen noch einiges abschauen.

Das ATP-Turnier in Hamburg ist in diesem Jahr für ein 500er Turnier erschreckend schwach besetzt, was sicher dem Termin direkt nach Wimbledon und vor dem Davis Cup geschuldet ist. Wenn man aber die Besetzung im Davis Cup betrachtet(ohne Djokovic, Murray, Berdych) eher dem Termin nach Wimbledon. Philipp Kohlschreiber als Nr 22 der Weltrangliste an Nr. 1 gesetzt konnte diesen Fakt aber genauso wenig nutzen wie Alexander Zverev. Selten war es so einfach, wertvolle Weltranglistenpunkte zu sammmeln und gutes Preisgeld abzuräumen. Für das Preisgeld von rd. 1,4 Mio Euro ist dieses Turnier nicht entsprechend besetzt oder umgekehrt für die Besetzung ist das Turnier weit überbezahlt.

Diese Wetterprobleme ziehen sich mittlerweile durch den kompletten Sommer: Paris, Wimbledon usw. Es wäre zu überlegen, ob man bei Turnieren wie z.B. in Gstaad im Vorfeld nicht auch nahegelegene Tennishallen (z.B. ab Mittwoch) miteinplanen könnte, um solchen Terminproblemen zu entgegehen.

Kein lupenreiner Grand Slam, kein Golden Slam. Zum ersten Mal seit Paris 2009, dass Djokovic vor dem Viertelfinale bei einem Grand Slam Turnier ausscheidet. Vielleicht hat bei ihm auch nach dem herbeigesehnten Erfolg in Paris die 100 prozentige Motivation gefehlt, um die unfassbare Siegesserie fortzusetzen. Letztendlich wurde bewiesen, dass Djokovic auch nur ein Mensch und keine Tennis-Maschine ist. Sehr wichtig auch für die Konkurrenz zu sehen, dass Djokovic doch noch schlagbar ist.

Das sieht doch schon einmal gut aus für die deutschen Tennisfrauen, Das sehr bescheidene Auftreten in Paris hat man jetzt schon getopt und einige von ihnen besonders Sabine Lisicky konnten ihren Abwärtstrend in den letzten Monaten eindrucksvoll stoppen, können wieder zuversichtlich in das 2. Halbjahr blicken und in der WR wieder den Gang nach oben einlegen. Nach der eher mäßig verlaufenden Rasenplatzsaison der deutschen Tennisfrauen ist diese Entwicklung erfreulich.

Philipp Kohlschreiber hat sein Erstrundenmatch gegen den französischen Doppelspezialisten Herbert (WR 81) in 4 Sätzen verloren. Entweder mußte er wieder unter seiner Grand Slam Schwäche leiden  und/oder er hat noch mit seiner Hüftverletzung zu kämpfen. Seine Rasenvorbereitung in Stuttgart und in Halle war sehr vielversprechend, doch es gelang ihm nicht, diese Form in ein sehr großes Turnier hinüberzuretten. So wird es schwierig, in der Weltrangliste nochmals einen großen Sprung nach vorne zu schaffen.

Lt. Eurosport hat er eine Zerrung in der linken Hüfte. Die Verletzung hat er schon in Stuttgart erlitten und diese hat sich nochmals verschlimmert. Er brauche 5-6 Tage Pause und sei sich nicht sicher, ob er in Wimbledon antreten könne.

Beim Anschauen des Tennismatches von Philipp Kohlschreiber fällt mir folgendes auf. Es gibt wohl selten ein Spieler bei dem sich seine Turniererfolge und Finalteilnahmen fast nur auf sein Heimatland beschränken. Als Augsburger kann man Oesterreich bzw Kitzbühl quasi auch als Heimatland bezeichnen. Außerhalb des deutschsprachigen Raumes bleiben nur Auckland mit Sieg und Finalteilnahme und Metz mit einer Endspielteilnahme, wobei Metz auch relativ heimatnah ist. Auch seine Davis-Cup Bilanz für Deutschland ist sehr erfolgreich. Für ein weiteres Vorrücken in der Weltrangliste fehlen ihm einfach die guten Resultate bei den Grand Slam Turnieren. Das einmalige Erreichen des Viertelfinals (2012 in Wimbledon) ist bei seinen Fähigkeiten zu wenig. Für ihn wäre sicher von Vorteil, wenn ein Grand Slam Turnier in Deutschland stattfinden würde.

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